Sudetendeutsche Landsmannschaft SL-Hochtaunus in Usingen

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Steuerleistung

Wirtschaft

Die Steuerleistung der Sudetendeutschen

   Im Jahre 1902 veröffentlichte Professor von WIESER die Arbeit “Die deutsche Steuerleistung und der öffentliche Haushalt in Böhmen”. Er arbeitete heraus, daß die wirtschaftliche Leistungskraft der tschechischen Gebiete noch vor 40 Jahre höher war als die der kargen deutschböhmischen Randgebiete. Seither habe sich durch deutschen Gewerbefleiß das Verhältnis aber umgekehrt, so daß nun ein deutscher Steuerzahler etwa 1,35mal mehr erbringe als ein Tscheche.  Von “böhmischer” Seite erhob sich dagegen entschiedener Widerspruch. Man zweifelte die Grundlagen des Zahlenwerkes an und gab darüber hinaus zu bedenken, daß die Tschechen infolge deutscher Herrschaft generell eine “verspätete” Nation seien.


 Für von Wiesers Auffassung sprechen aber noch andere Gründe. So gab es um 1900 Bestrebungen, Böhmen nach ethnischen Gesichtspunkten in autonome Verwaltungsbezirke aufzuteilen, um die ständigen Reibereien zu beenden. Dieser (deutsche) Vorschlag scheiterte aber schlicht daran, daß die Tschechen die größere Steuerkraft der Deutschen nicht verlieren wollten (Bosl, S. 186). Die Erwerbsteuer der damals 2,4 Mio Deutschböhmen betrug 5,7 Mio Kronen, die der 4,2 Mio Tschechen nur 3,1 Mio Kronen. Zum Gesamthaushalt von 100 Mio Kronen, trugen die Deutschen mehr als 50 % bei, erhielten aber für ihre wirtschaftlichen und kulturellen Erfordernisse nur etwa 25 % zurück (24 Mio Kronen). Das Geld wurde in den Städten verdient, und diese lagen vor allem im deutschen Randgebiet. Acht der elf größten Städte Böhmens waren deutsch. Die drei tschechischen Ausnahmen waren Prag, Pilsen und Budweis, wobei Prag noch 1850 als deutsch galt und Pilsen wie Budweis erst spät tschechisiert wurden (deutscher Anteil 15 bzw. 40 % ).

 Auch nach 1918 waren die Verhältnisse ähnlich. Obwohl sich das Sudetenland in der Republik wahrlich nicht besonderer Förderung durch Prag erfreute, war nach Prof. Hoensch (S. 432) in den 1938 “abgetretenen Gebieten” 40 % des Nationaleinkommens erwirtschaftet worden, wobei diese Zahl den sudetendeutschen Anteil noch etwas verschleiern soll, denn zu den “abgetretenen Gebieten” rechnet Hoensch auch die an Ungarn und Polen gefallenen Landstriche, die den Durchschnitt erheblich absenkten. Anhaltspunkte für den Unterschied gibt Ladislav Feierabend, Finanzminister in der Londoner Exilregierung, wenn er in seiner Biographie schreibt (S. 67), daß ein Steuerzahler in den historischen Ländern vor 1938 jährlich 550 Kc abführte und ein Slowake nur 198 Kc! Nach dem Münchner Abkommen sollten Anleihen aus England und Frankreich aushelfen. Als diese nur zum Teil gezahlt wurden, war die “Resttschechei” nicht mehr lebensfähig.  Schließlich ist bekannt, daß 1938 das Sudetenland mit 51 % den höchsten Industrialisierungsgrad Europas aufwies. Zum Vergleich: England 46 %, Deutschland 40 %, Frankreich 35 %.


Literatur: Bosl, Karl, Handbuch der Geschichte der böhm.Länder III; Feierabend, Ladislav, Prag-London vice-versa, New York 1971; Hoensch, Jörg K., Geschichte Böhmens, 1997; Schubert, A., Das Deutschtum im Wirtschaftshaushalt Österreichs, 3 Bände,1905-1907; Hertz, F., The Economic Problems of the Danubian States, London 1947; von Wieser, Die deutsche Steuerleistunmg und der öffentliche Haushalt in Böhmen, in Deutsche Arbeit, 3.Jahrgang, Heft 1-3, 1903

 
 
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